Infothek / Zollabwicklung

1) Geographische Eingrenzung

Zollabfertigung ist immer dann erforderlich, wenn eine Ware das Zollgebiet der Gemeinschaft betritt oder verlassen soll. Zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehören u.a. nicht: Norwegen, Schweiz, Liechtenstein, Monaco, San Marino, Andorra, Kroatien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Moldawien, Weißrussland, Russland, Ukraine, Georgien, Armenien, Aserbeidschan, Albanien, Türkei, Mazedonien sowie fast alle außereuropäischen Staaten und Gebiete (Ausnahme u.a. französische überseeische Departements). Achtung: Es gibt auch Gebiete, die gehören zwar zur Union, aber nicht zum Zollgebiet, dazu zählen die Kanarischen Inseln, Freihäfen, Helgoland usw.

2) Ausfuhr

Sofern eine Sendung mehr als 100 kg wiegt oder einen statistischen Wert von mehr als 1000 € hat, muss die Sendung von einer Ausfuhranmeldung (AM) begleitet sein. Liegt der statistische Wert der Sendung über 3000 €, so muss die AM bei der Zollstelle des Ausführers abgefertigt sein. Der AM gleichgestellt ist der Ausdruck der entsprechenden ATLAS-Zollanmeldung.

Außerdem ist mindestens eine Handelsrechnungskopie mitzugeben. Es gibt Länder, deren Zollverwaltung stellen an die Anzahl und Aufmachung der Rechnungen besondere Anforderungen, so muss die Rechnung für Sendungen nach Osteuropa immer unterschrieben sein (Stempel nicht in schwarz) und in mehreren Exemplaren mitgegeben werden (Russland z. B. braucht 7 Kopien, Ukraine 5)

Besteht mit dem Empfangsland ein Präferenzabkommen und erfüllt die Ware die Präferenzbedingungen, so ist das entsprechende Präferenzpapier mitzugeben. Präferenzpapiere sind die EUR.1 (u.a. für Norwegen, Schweiz, Liechtenstein, Serbien, Kroatien sowie einige Mittelmeeranrainerstaaten), die A.TR (für Türkei) sowie das Form A (für Sendungen in bestimmte Entwicklungsländer). Die EUR.1 kann durch die sogenannte Ursprungserklärung (UE) auf der Handelsrechnung ersetzt werden, deren Text ist vorgeschrieben und die Verwendung der UE anstelle der EUR.1 muss dem Ausführer zollamtlich genehmigt sein, wenn der warenwert über 6000 € liegt, die Genehmigungsnummer ist in diesem Fall Teil der Ursprungserklärung.

Je nach Zielland und Warenart können weitere Papiere erforderlich sein, z. B. Ausfuhrgenehmigungen, Negativbescheinigungen, Packlisten, Veterinärzertifikate usw usf.

3) Grenzübertritt

Der Begriff „Grenze“ bezeichnet nach hiesiger Nomenklatur die Außengrenze der EU, was in der Praxis bedeutet, dass zwischen Spanien und der Ukraine nur eine „Grenze“ liegt, nämlich die zwischen Polen und der Ukraine. An der Grenze ist die Sendung zur Abfertigung zu gestellen. Entweder wird hier die AM endgültig abgefertigt oder, wenn der LKW mit dem zutreffenden Transitpapier ausgestattet ist (T1, T2 oder Carnet-TIR) erfolgt die für dieses Papier vorgesehene Abfertigung

4) Transitpapiere

Zur Erleichterung des Grenzübertritts, insbesondere, wenn mehrere Grenzen zu überwinden ist, fertigt man für den LKW ein Transitpapier ab. Regeltransitpapier ist das Carnet-TIR. Dieses erhält der Frachtführer (nicht der Spediteur!) bei seinem der IRU angeschlossenen Verband gegen Sicherheitsleistung. Es enthält 4, 14 oder 20 Transitblätter, von denen jede beteiligte Zollstelle eines entnimmt. Bei Ankunft an der letzten Bestimmungszollstelle muss noch mindestens ein Transitblatt vorhanden sein, man muss also nachzählen, wie viele Transitblätter man ausfüllen muss. Es gibt Spezialcarnets u.a. für sensible Güter sowie für Tabak und Alkohol.
Da das Carnet-TIR recht umständlich zu handhaben ist, hat die EU das gemeinschaftliche/gemeinsame Versandverfahren (gVV(gemVV) T1/T2 entwickelt. Es gilt innerhalb der EU sowie mit Norwegen, der Schweiz, Liechtenstein und Island. Die T1 wird ausgestellt für ein Gut, das sich nicht im freien Warenverkehr der Gemeinschaft befindet (auf dem Zollabgaben lasten), die T2 für solche Waren, die sich im freien Verkehr befinden (in der EU hergestellt ohne diese je verlassen zu haben [Achtung: Besonderheiten bei Waren, die der Agarmarktordnung unterliegen, z. B. Zucker oder Stärke] oder in die EU eingeführt und hier zum freien Verkehr abgefertigt). Zur Abfertigung einer T1/T2 wird eine Sicherheitsleistung verlangt; Spediteure und andere Zollbeteiligte, die regelmäßig Versandscheine ausstellen, haben dafür eine Pauschalbürgschaft oder sind von der Sicherheitsleistung befreit. Dies wird dokumentiert durch die Bürgschaftsbescheinigung TC31 oder die Befreiungsbescheinigung TC33, die bei Abfertigung des Versandscheins der Abgangszollstelle vorzulegen ist.

Allen Versandverfahren gemeinsam ist, dass das Gut innerhalb der von der Abgangszollstelle festgesetzten Frist (im gVV(gemVV i.d.R. 8 Tage) der Bestimmungszollstelle in unverändertem Zustand zu gestellen ist. Um letztes sicherzustellen, ist die Nämlichkeit der Ware zu sichern. Dies geschieht i.d.R. durch Raumverschluss (Verplombung des LKW, dieser braucht dafür ein Zollverschlussanerkenntnis). Ist dies nicht möglich oder untunlich, kommen ersatzweise in Frage: Packstückverschluss, Beschreibung (angestempelte Handelsrechnung), Zollbegleitung. Nämlichkeitssicherung durch Beschreibung ist im Carnet-TIR-Verfahren nur in Ausnahmefällen möglich (z. B. bei Übermaßtransporten), während der Zollbegleitung insbesondere in Weißrussland und Russland eine besondere Bedeutung zukommt: Für hochwertige oder sensible Waren können die Zollorgane dieser Länder eine Konvoibegleitung anordnen, diese ist kostenpflichtig.

5) Einfuhr

Da jedes Land seine eigenen Zollgesetze hat und auch der EG-Zollkodex durch nationale Vorschriften der einzelnen Mitgliedsländer ergänzt wird, kann dieser Abschnitt nur das Procerede in Deutschland behandeln. Für Abfertigungen im Ausland erkundige man sich bei einem dort ansässigen Zollagenten.
Mit verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft wird die Ware gestellungspflichtig, muss also einer Zollstelle zur weiteren Abfertigung vorgeführt werden. Es gibt Unternehmen, denen die Zollverwaltung Erleichterungen genehmigt hat, (z. B. zugelassener Empfänger – darf Plomben entfernen und das Gut ohne Mitwirkung des Zolls abladen oder vereinfachte Zollabfertigung). Die folgenden Ausführungen gehen davon aus, dass keinerlei Erleichterungen bestehen.
I.d.R. wird das Gut mit einem Transitpapier (siehe oben) eintreffen. Der LKW muss mit den Papieren zum geographisch und sachlich zuständigen Zollamt, dort ist ein Antrag auf die weitere Abfertigung zu stellen. Mögliche Anträge:
Überlassung (wird mündlich gestellt, die Zollbehörde gestattet das Entladen und Aufbewahrung bis zu 20 Tagen. Die Ware darf in dieser Zeit nicht verändert werden, sondern muss in unverändertem Zustand erneut gestellt werden)
Versandverfahren (Unter Vorlage des entsprechenden Papiers, also T1, T2 oder Carnet-TIR)
Zollabfertigung (z. B. zum freien Verkehr, zum Zolllager, zur Veredelung usw – unter Vorlage des entsprechenden Zollantrags resp. per elektronischer ATLAS-Zollanmeldung)

Spediteure, die über keinerlei Zollverfahren verfügen, können lediglich die Carnet-TIR-Abfertigung selbst vornehmen, brauchen für alles andere die Hilfe eines Zollspediteurs.

6) Gesetzliche Grundlagen unter anderem
  • Zollkodex der Gemeinschaft
  • Zollkodexdurchführungsverordnung
  • Außenwirtschaftsgesetz
  • Außenwirtschaftsverordnung
  • Abgabenordnung
  • Washingtoner Artenschutzabkommen
  • Jugendschutzgesetz
  • Kriegswaffenkontrollgesetz

diverse weitere EG oder nationale Regelungen, z. B. über Aus- oder Einfuhrbeschränkungen, Boykottregelungen,

Complianceregelungen (bestimmte Personen und Organisationen, die der Terrorszene zugeordnet werden, sind vom Wirtschaftsverkehr ausgeschlossen), Verbrauchssteuerregelungen usw usf (es gibt hunderte von zollrelevanten Gesetzen, Verordnungen, Durchführungsbestimmungen und Vereinbarungen – siehe adler

7) Zuständige Behörden
  • Finanzverwaltung – Zoll
  • Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)
  • Veterinär- und Pflanzenschutzämter
  • usw.
8) Disclaimer

Das Zollrecht mit seinen tangierenden Vorschriften ist umfangreich und kompliziert. Diese Abhandlung kann kein „Kochbuch“ sein und nicht mehr als einen ersten groben Überblick darstellen. Sie ersetzt nicht eine fundierte Ausbildung über die Anwendung der relevanten Vorschriften. Auch werden die Vorschriften permanenten sich ändernden Anforderungen angepasst und geändert. Deswegen kann der Autor auch keine wie immer geartete Verantwortung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Anwendbarkeit dieser Ausführungen übernehmen.

© 11.02.07 Reiner Bielicke, 15.02.07 V1.1 / Lehnert & Co